Gesundheitsgefahren durch Dämmplatten

Asthma, Allergien – immer mehr Bewohner von stark gedämmten Häusern klagen über gesundheitliche Probleme durch steigenden Schimmelpilzbefall. Dennoch will die Bundesregierung die Dämmung von Miethäusern und Eigenheimen vorantreiben, um den Heizenergieverbrauch und die CO2-Emissionen zum Schutz des Klimas zu senken. Ganz anders ist die Situation in den USA: Dort haben mehrere Bundesstaaten die Dämmung von Wohnimmobilien durch vorgefertigte Platten aus Polystyrol, Polyurethan, Glas- oder Steinwolle verboten – um die Gesundheit der Bewohner zu schützen.

In Oregon erfolgte das Votum der Politiker einstimmig: Alle 26 Senatoren entschieden schon im Juli 2007, dass fortan keine Wohnhäuser im Küstenstaat mehr mit einfachen Wärmedämmverbundsystemen ummantelt werden dürften. Demokraten und Republikaner in der Hauptstadt Salem waren sich einig, dass die in den USA Exterior Insulation and Finish Systems, kurz EIFS, genannten Wärmedämmverbundsysteme gravierende Krankheiten auslösen können. Zuvor hatte unter anderem der US-Bundesstaat North Carolina seine Bauvorschriften so verändert, dass dadurch die Verwendung dieser Systeme unterbunden wurde. Initiiert wurde das Verbot in Oregon durch die republikanische Senatorin Jackie Winters, deren elfjährige Enkelin an einem Hirntumor erkrankt war. Ärzte sahen den massiven Schimmelbefall im stark gedämmten Eigenheim als mögliche Ursache der Krebserkrankung. Die Mutter des Mädchens hatte sich eine chronische Bronchitis zugezogen und wiederholt Lungenentzündungen erlitten. Der Vater litt an chronischen Magen-Darmstörungen.

Auch in Deutschland steht die massive Dämmung von Wohnhäusern seit längerem im Verdacht, Krankheiten zu begünstigen. „Die hermetische Abdichtung des Wohnbereichs hat zu einer deutlichen Zunahme des Schimmelpilzbefalls geführt“, berichtete bereits 2002 das Deutsche Ärzteblatt, das Fachorgan der Bundesärztekammer. Haben sich die kleinen Sporenträger im Wohnbereich eingenistet, können sie Asthma, Lungenemphyseme und sogar die mitunter tödlich verlaufende Aspergillose, eine Entzündung von Atemorganen, Haut- und Schleimhäuten, hervorrufen. Nach einer Hochrechnung von Medizinern der Universität Würzburg sterben jedes Jahr in Deutschland 2500 Menschen an den Folgen von Schimmelpilzinfektionen.

Die Dämmung soll Häuser so stark abdichten, dass kaum noch Heizenergie nach außen entweichen kann. „Zugleich besteht damit die Gefahr, dass Feuchtigkeit aus der Raumluft an den Innenseiten der Wärmedämmschicht hängen bleibt“, erläutert Reimund Stewen, Bausachverständiger und Vorstandsmitglied beim Verband Privater Bauherren (VPB). Dadurch könnten langsam die Wände durchfeuchtet und so zum Nährboden für Schimmelpilze werden.

Die Dämmstoffindustrie führt die Probleme darauf zurück, dass Mieter und Eigentümer stark gedämmte Wohnungen und Häuser nur unzureichend lüften würden. Dem widerspricht Olf Voßhans, Architekt und Vorstandsmitglied beim Eigentümerverband Haus & Grund: „Gerade im Sommer dringt oftmals beim Lüften die Feuchtigkeit von außen in die Zimmer ein.“ Dies sei vor allem an heißen Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit der Fall. „Weil es in den Räumen kälter ist, schlagen sich die winzigen Wassertropfen in der Luft dann an den Wänden nieder und begünstigen die Schimmelbildung.“ Diese Probleme bestehen nicht nur bei Verbundsystemen, sondern bei allen stark gedämmten Häusern.

Dass dies erhebliche Gefahren mit sich bringt, hat die Gesundheitsbehörde Bremen in einer Studie ermittelt: „Bewohner von Wohnungen mit Feuchteschäden haben ein höheres Risiko für Asthma und Allergien sowie eine höhere Infektanfälligkeit“, lautet das Fazit.

Das American Institut of Architects, der Verband der US-Architekten, prüfte die Raumluft in 205 mit Wärmedämmverbundsystemen umschlossenen Eigenheimen. Resultat: In 185 von ihnen – 90 Prozent – war die Luftfeuchtigkeit in den Zimmern „unakzeptabel hoch“. Zwar sind die meisten Eigenheime in den USA aus Holz errichtet. Aber Wände aus Porenbeton oder Ziegelsteinen könnten sich ebenso mit Feuchtigkeit vollsaugen wie Holzwände, wenn die Nässe nicht entweichen kann.

Gefahr droht dann auch von außen: „Auf dem hauchdünnen Putz, mit dem Wärmedämmverbundsysteme versehen sind, schlägt sich morgens Tauwasser nieder“, sagt Bauexperte Stewen. Als Folge gedeihen Algen und Schimmelpilze prächtig auf den Außenwänden. Werden Haus oder Wohnung gelüftet, gelangen die Sporenträger in die Raumluft. Diese Gefahr bestehe bei jeder von Algen befallenen Fassade, meint der Leipziger Bauingenieur und Chemiker Peter Rauch. „Während Algen erst ab einer Umgebungsfeuchte von 92 Prozent wachsen, genügt den Pilzen bereits eine niedrigere Feuchte.“

In Oregon dürfen seit 2007 nur noch Dämmungen verwendet werden, die mit einer Hinterlüftung versehen sind. Dabei zirkuliert Luft durch einen Freiraum hinter der Dämmschicht, um Feuchtigkeit abzuleiten. „Auch in Deutschland gibt es solche Systeme“, sagt Sachverständiger Stewen. Von ihrer Verwendung rät er ab: „Mit der Feuchtigkeit führt die Luft auch die Wärme weg, so dass die Dämmwirkung dahin ist.“

Der Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme, die Interessensvereinigung der führenden Hersteller, warnt davor, wegen der Vorgänge in den USA Ängste und Panik bei Mietern und Eigenheimbesitzern in Deutschland zu schüren. „Probleme kann es nur geben, wenn bauphysikalische und bautechnische Grundlagen nicht eingehalten werden“, sagt Clemens von Trott zu Solz, Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit. Auch in den USA betonen Hersteller, Feuchtigkeitsschäden und Schimmel könnten nur entstehen, wenn die Materialien nicht richtig verarbeitet werden. Dennoch wurden Hersteller und Bauunternehmen von Gerichten zu Schadensersatzleistungen verurteilt. Allein in New Hanover County, einem kleinen Landkreis in North Carolina, wurden binnen zweieinhalb Jahren Bauunternehmen dazu verurteilt, an 345 Eigenheimen die durch ihre Dämmungen entstandenen Feuchtigkeitsschäden zu reparieren.

Quelle: WELT ONLINE

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