Finance Watch will Finanzmarkt ändern
Was Greenpeace beim Umweltschutz, soll Finance Watch bei der Finanzmarktregulierung werden. Die Organisation, hinter der Verbraucherschützer und Gewerkschafter stehen, will den Einfluss der Bankenlobby brechen.
„Für eine Finanzindustrie, die der Gesellschaft dient!“ Unter diesem Motto hat sich am Donnerstag in Brüssel die internationale Organisation „Finance Watch“ ins Leben gerufen. Sie soll eine Art Gegengewicht zur allmächtigen Finanzlobby bilden. „Finance Watch wird der Finanzindustrie genau auf die Finger schauen und die Gesetzgebung in Finanzfragen kritisch begleiten“, erklärte der SPD-Europageordnete Udo Bullmann.
Als Vorbild nennt Finance-Watch-Mitiniator Sven Giegold die Arbeit der Umweltschützer von Greenpeace. Deshalb nennt der Grüne Europaabgeordnete und Ex-Attac-Vordenker die Organisation auch „Greenpeace für die Finanzmarktregulierung“.
Einfluss auf Gesetzgebung nehmen
Giegold hofft, dass Finance Watch europäische Regulierungsvorhaben eng begleitet und Einfluss auf die Gesetzgebung nimmt. So soll die Organisation schon im Sommer Vorschläge zu den neuen Eigenkapitalregeln von Banken erarbeiten.
Im Sommer vergangenen Jahres hatten Europa-Abgeordnete dazu aufgerufen, eine solche Organisation zu gründen, die die Dominanz der Finanzindustrie aufbrechen und die Interessen der „Zivilgesellschaft“ stärker in den Vordergrund stellen soll. Zumal EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier stets den einseitigen Einfluss der Banken auf den Gesetzgebungsprozess beklagte. Zahlreiche Interessengruppen schlossen sich der Idee an.
Gewerkschaften und Verbraucherverbände als Unterstützer
Die spendenfinanzierte Organisation soll politisch unabhängig sein. Politiker sind keine vertreten. Rund 40 Organisationen, darunter die Gewerkschaft Verdi und die Hilfsorganisation Oxfam, stehen hinter Finance Watch. Zusätzliche Unterstützung kommt von Finanzexperten und Wissenschaftlern wie dem Philosophie-Professor Jürgen Habermas.
Generalsekretär und „Gesicht“ von Finance Watch ist der Franzose Thierry Philipponnat. Der Ex-Banker soll eine schlagkräftige Mannschaft aufbauen. „Wir wollen, dass die Zivilgesellschaft mitredet, wenn es um Gesetze für Banken, Versicherer oder andere Finanzinstitute geht“, sagt Philipponnat. Der 49-Jährige arbeitete einst bei Großbanken wie der UBS und BNP Paribas, zockte mit Derivaten und kennt sich aus in der komplexen Finanzwelt. Irgendwann hatte er genug, schmiss seinen Job hin und ging zu Amnesty International.
Ex-Banker soll Organisation aufbauen
Banken-Bashing will Philipponnat freilich nicht betreiben. Er setzt sich für eine wirtschaftsgerechtere Finanzindustrie ein. „Wir brauchen Banken, die die Wirtschaft mit Geld versorgen. Wir brauchen keine Banken, die auf alles wetten, was sich bewegt.“
Leicht wird diese Aufgabe nicht sein. Finance Watch verfügt lediglich über ein Budget von rund zwei Millionen Euro. Zum Vergleich: Die großen Banken und Versicherungen haben in Brüssel 700 Lobbyisten beschäftigt, die sich von einem Gesamtetat von 400 Millionen Euro speisen, schätzt Finance Watch.
Quelle: boerse.ARD